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Bossert im Interview: „Ich bin ein Ordnungstyp“

     3. Liga  

Im Drittligateam hat eine neue Ära begonnen. Nach der erfolgreichen Arbeit von Michel Abt, der seine Trainerkarriere beim Zweitligisten Eulen Ludwigshafen fortsetzt und damit den „nächsten Schritt“ geht, hat Alexander Bossert übernommen. Der 33-jährige Handballcoach wechselt von der B-Jugend der SG Pforzheim/Eutingen ins Lager der Junglöwen.

Hauptverantwortlich für die B-Jugend, gleichzeitig aber in der Jugendleitung tätig, sammelte Bossert in der Goldstadt wertvolle Erfahrung, die er nun bei den Junglöwen einsetzen und weiter entwickeln möchte. Schon allein deshalb spricht auch er vom „logischen nächsten Schritt“, wenngleich für den studierten Wirtschaftsingenieur und heutigen Vertriebsmitarbeiter der Handball immer eine große Rolle spielte – das familiäre Umfeld gab diese sportliche Entwicklung quasi vor und prägte den Weg als Handballer und Übungsleiter entscheidend mit. 

Der neue Löwen-Drittligacoach arbeitet sehr akribisch, ist erfolgsorientiert und ein absoluter Teamplayer. Im nachfolgenden Interview stellen wir den „Ordnungstypen“ Alexander Bossert vor dem Saisonstart am Samstag (19 Uhr, Trainingshalle Kronau) gegen den HC Oppenweiler/Backnang näher vor.

Neu bei den Junglöwen, wie fallen die ersten Eindrücke aus?

Bossert:  Ich bin von den einzelnen Spielern und der Atmosphäre positiv überrascht. Ich hatte es mir steriler vorgestellt, aber es geht bei den Löwen sehr familiär zu. Wir sitzen nach jedem Training gern mal noch zusammen, das hatte ich mit meinem Blick aus der Ferne gar nicht erwartet. Und sportlich gesehen ziehen die Jungs sehr gut mit, sowohl im Bereich Fitness als auch in der spielerischen und taktischen Entwicklung. Das alles geht in die Richtung, wie ich sie haben möchte.

Das bedeutet, die Mischung aus Professionalität und zwischenmenschlichen Aspekten ist dir sehr wichtig?

Bossert: Ganz genau, das ist mir ganz arg wichtig. Es war auch in Pforzheim schon so, dass ich Skifreizeiten organisiert habe oder wir zusammen mit dem Fahrrad an den Bodensee gefahren sind. Bei den Löwen war es das Trainingslager Mitte August in Sinzheim, das uns mannschaftlich auf die neue Saison eingeschworen hat. Diesen Spirit finde ich gut, das war mir auch schon in der Vergangenheit immer extrem wichtig.

Wie war denn die Vorbereitung getaktet, wo lagen die Schwerpunkte?

Bossert: Zunächst war es für einige Jungs ungewohnt, denn sie hatten nach dem frühen Saisonende in der 3. Liga seit Mitte März nicht mehr so viel gemacht. Natürlich hatten sie einen individuellen Trainingsplan, aber richtig überwachen kann man das ja nur bei einem regelmäßigen gemeinsamen Übungsbetrieb. Während der Vorbereitung konnten sich alle Akteure wieder akklimatisieren auf Kraft- und Mannschaftstraining – und dass so eine Einheit bei um die 30 Grad auch mal richtig anstrengend sein kann.

Hast du direkt Änderungswünsche?

Ich bin hier nicht angetreten, um das Konzept komplett über den Haufen zu werden. Ich habe mich gern auch angepasst an das, was bisher erfolgreich war und bringe Nuancen aus meiner bisherigen Erfahrung mit ein. Zusammenfassend: Im ersten Block wurden die athletischen Voraussetzungen geschaffen und im weiteren Verlauf lag dann der Fokus auf den handballerischen Aspekten.

Wie schwer wiegt für dich die „Last“ des Staffelsiegs aus der letzten Saison?

Bossert (lacht): Es ist schon so, dass dies ein wenig mehr Druck auslöst. Aber ich kann damit gut umgehen. Natürlich steigt die Erwartungshaltung nach solchen Erfolgen. Ich möchte uns nicht direkt mit dem FC Bayern München vergleichen, aber auch dort zählt nach einem Triple-Gewinn eine alleinige Deutsche Meisterschaft auch nicht so sehr. Heruntergebrochen auf uns: Wir haben einen Sebastian Trost verloren, wir haben auch Jungs wie Matthis Blum und Robert Kraß nicht mehr im Kader – die Erwartungshaltung kann deshalb nicht im Bereich der letzten Saison liegen. Wir haben zudem wieder einen anderen Modus in einer brutal starken Süd-Gruppe. Auf der einen Seite bin ich natürlich froh, denn wenn ein Spieler Deutscher A-Jugendmeister wird, dann verfügt er auch über die erforderliche Qualität und will die nun auch weiter im Drittligateam zeigen. Auf der anderen Seite aber steigt durch Erfolge aber auch der Druck. Am Ende muss jeder diese Situation realistisch einschätzen – und dieses Gefühl habe ich bei den Löwen absolut.

Welches Saisonziel wurde daraus generiert?

Bossert: Die Mannschaft hat Qualität genug, um einen gesicherten Mittelfeldplatz zu erreichen. Wir haben ein junges Team, das hat den Vorteil eines hohen Qualitätslevels bereits im September. Aufgrund der Wissbegierigkeit und Entwicklungsfähigkeit solcher Spieler wird dieser Level im Januar/Februar nochmals höher sein. Mannschaften mit anderer Alters- und Erfahrungsstruktur nehmen mitunter eine gegensätzliche Entwicklung. Es ist elementar, dass wir trotz des schweren Auftaktprogramms gut in die neue Saison kommen.

Was ist dir persönlich dabei wichtig?

Bossert: Talente auf dem Weg nach oben weiter maximal unterstützen. Aber auch Jungs wie Rico und Leon Keller, die aus Langzeitverletzungen kommen, die Brücke zu bauen, eine Saison durchspielen zu können, damit sie auf ihr altes Leistungsniveau zurückfinden.

Bei den Löwen ist die Besonderheit, dass ein Drittligakader meist flexibel zur Verfügung steht und es immer wieder durch Abstellungen in den Profibereich oder parallelen U19-Spielen personelle Änderungen gibt. Wie gehst du damit um?

Bossert: Das wird durch gute Absprachen mit U19-Coach Daniel Hasse und den Proficoachs Sebastian Hinze, Michael Jacobsen und Dragan Jerkovic funktionieren. Zur Abstimmung gibt es auch eine gemeinsame WhatsApp-Gruppe. Ich habe bisher in alle internen Richtungen einen sehr guten Eindruck gewinnen können.

Wie bewertest du insgesamt die Rahmenbedingungen bei den Löwen?

Bossert: Ich kann den Vergleich durchaus mit meinen vorherigen Tätigkeiten ziehen. Bei den Löwen stehen beispielsweise die Mittel zur Verfügung, dass ein hauptamtlicher Fitnesscoach wie Jörn Krebs zur Verfügung steht, der in vielen Punkten mich als Trainer unterstützt. Es ist hier einfach nochmals anders organisiert und das macht dann diese Prozente mehr aus, damit es für ganz oben an die Spitze reicht.

Zu dir als Person: Du bist selbst berufstätig, wie sieht dein Tagesablauf aus?

Bossert: Ich bin dankbar und froh, einen sportaffinen Arbeitgeber zu haben, sonst wäre das in dieser Konstellation auch gar nicht möglich. Für meinen Hauptberuf kann ich vieles auch mobil mit dem Geschäftshandy und Laptop erledigen und muss damit nicht unbedingt an einem bestimmten Ort sein. Ich fahre etwa eine Dreiviertelstunde nach Kronau und bin gern im Auto unterwegs, kann Telefonate erledigen, Podcasts anhören oder einfach nur Radio genießen.

Welche Podcasts interessieren dich besonders?

Bossert: Lanz & Precht, zudem bin ich ein überzeugter SWR1-Hörer, auch wenn der Sender nicht unbedingt meiner Alters-Zielgruppe entspricht, aber das ist ja eine Einstellungssache und keine Frage des Lebensalters. Und dann kommt mir zugute, dass es diverse Auto-Podcasts wie zum Beispiel nextnews gibt. Hier geht es rund um das Thema e-Mobilität.

Gibt es neben dem Handball weitere Hobbies?

Bossert: Tennis und Wintersport, deshalb werde ich die Pforzheimer Ski-Freizeit auch weiterhin organisieren. Mich interessiert Sport im Allgemeinen.

Und danach bleibt noch Zeit für?

Bossert (lacht): Da bleibt nicht mehr viel übrig. Reisen ist noch ein Thema mit einem großen Urlaub jedes Jahr. Kürzlich war ich mit meiner Freundin für zwei Wochen in Namibia.

Mit welchem Lieblingsessen kann man dich begeistern?

Bossert: Nichts Außergewöhnliches. Ein leckerer Zwiebelrostbraten hat schon seinen Reiz. Fleisch im generellen, denn das passt zu meiner Abschlussarbeit, in der es um den Aufbau von E-Commerce-Plattformen, einem Fleischshop für meinen Nachbarn, ging. Die Nachfrage ging während der Pandemie florierend nach oben.

Und worüber kann sich Alexander Bossert ärgern?

Bossert: Ich bin ein Ordnungstyp, aber auch ein gewisser Höflichkeitsmensch. Ich mag es nicht, wenn zum Beispiel in der Kabine oder Halle noch Müll rumliegt und dieser nicht weggeräumt wird. Was ich auch nicht leiden kann ist, wenn man nach dem Essen aufsteht und einfach den Stuhl wegschiebt und alles kreuz und quer hinterlässt. Dann sind Ticks, die ich selbst als Spieler von meinen damaligen Trainern mitgenommen habe. Ansonsten bin ich ein entspannter Mensch. Es gibt keine fünf Leute, mit denen ich nicht was trinken gehen würde.

Wir haben gehört, dass du auch handwerkliche Geschicke hast?

Bossert: Während der Corona-Phase habe ich mit einem ehemaligen Spieler und seinem Vater eine alte Zündapp restauriert. Das war in dieser Zeit eine tolle Abwechslung, aber dafür ist jetzt keine Zeit mehr, auch wenn in meiner Garage drei alte Motorräder stehen. Die volle Konzentration gilt nun meiner neuen Aufgabe bei den Löwen.

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Alexander Bossert (33)
Bossert im Austausch mit Co-Trainer Klaus Billmaier